Vieles von
dem, was das Christentum in zwei Jahrtausenden prägte, finden wir
en miniature in der Geschichte der evangelischen Pfarrgemeinde Schwanenstadt
wieder:
Gründerzeit, Hoffnung und frohe Erwartung; Zeiten bedrückender
Not, stilles Leiden und Dulden.
Resignation und Neuanfang. Konkrete Daten, anhand derer wir uns in die
Reformationszeit des
16. Jahrhunderts hineintasten könnten, sind spärlich. Als untrügliches
Zeichen für den frühen Widerhall reformatorischen Geschehens,
und zwar noch zu Lebzeiten Dr. Martin Luthers, steht der Name Wolfgang
Riporger, ab 1537 über beinahe zwei Jahrzehnte erster evangelischer
Pfarrer von Schwanenstadt. Die längste Amtszeit hat Wolfgang Steininger
aufzuweisen, der dreißig Jahre (1580 - 1610) der Gemeinde vorstand.
Sein Epitaph, mit der Bitte schließend, Gott möge ihm eine
fröhliche Auferstehung verleihen, ist heute an der evangelischen
Kirche angebracht.
Laut kaiserlichem Erlass vom 4. Oktober 1624 mußten alle evangelischen
Pfarrer, Diakone und Lehrer das Land verlassen. Andreas Steininger, Nachfolger
seines Vaters Wolfgang, wanderte gezwungenermaßen nach Regensburg
aus, wo er 1633 starb. Sollte das das Ende der evangelischen Gemeinde
in Schwanenstadt gewesen sein? Nein. Zwar gaben die Bürger dem Druck
der Obrigkeit nach und wurden rekatholisiert, die Bauern jedoch blieben
in aller Bedrängnis standhaft und gaben, gleichsam als Untergrundkirche,
ihren Glauben an Kind und Kindeskind weiter, bis diese sich, dank des
Toleranzpatentes Josefs II. von 1781, wieder frei zu ihrer Kirche bekennen
konnten.
Bis dahin sollte es für evangelische Christen jedoch ein langer Leidensweg
werden. Viele hielten dem Druck nicht stand und suchten im Frankenland
Glaubensfreiheit und neue Heimat, 53 Familien wurden gezwungen, den weiten
Weg nach Siebenbürgen anzutreten, wo die Gegenreformation nicht gegriffen
hatte.
Als "Landler", die bis in unsere Tage hinein Glauben, Sprache
und Volkstracht treu bewahrt haben, sind sie in die Geschichte Siebenbürgens
eingegangen.
Als 1782 die
evangelische Gemeinde in Rutzenmoos neugegründet wurde traten ihr
die Evangelischen Schwanenstadts bei. Und es sollte wiederum ein sehr
langer Weg bis zur Eigenständigkeit werden.
Ein Kuriosum am Rande, von der Geschichtsschreibung kaum beachtet: lgnaz
Gielge berichtet in seiner "Beschreibung der oberösterreichischen
Städte" (Wels 1814), daß Josef II. den Schweizer Webern,
die in der Schwanenstädter Musselinfabrik der Herren Jenny und Abele
arbeiteten, die Errichtung eines evangelisch-reformierten (also helvetischen
Bekenntnisses) Bethauses bewilligte. Die Einheimischen sollten erst 1925,
genau nach 300 Jahren, wieder ein eigenes Bethaus besitzen, in dem am
18. Februar 1926 die erste Taufe und zehn Tage später die erste evangelische
Trauung gefeiert wurde.
Laut Hofdekret
vom 17. November 1783 wurde den "Akatholiken" zugebilligt, in
den Gemeinden, die über ein Bethaus verfügten, auch einen eigenen
Friedhof anzulegen. Dieser Wunsch konnte verwirklicht werden, als der
Greimelbauer Sebastian Neubacher aus seinem Besitz einen Tauschgrund zur
Verfügung stellte. Im Mai 1927 wurde mit dem Bau der Friedhofsanlage
begonnen. Schon am 17. Juli 1927 wurde der neue Friedhof und auch das
Bethaus durch Superintendent Jakob Ernst Koch eingeweiht.
Einen wesentlichen
Aufschwung erfuhr die kleine evangelische Gemeinde, als sich der emeritierte
Chinamissionar Mathias Neubacher (geboren am 6. Juli 1873 in Unterach)
in Schwanenstadt niederließ und die geistliche Betreuung übernahm.
1939 wurde die bisherige Predigtstation aufgewertet und von der kirchlichen
Oberbehörde als "Evangelische Tochtergemeinde A. B. von Rutzenmoos
genehmigt.
Im Spätherbst 1944 trafen die ersten Flüchtlingszüge aus
den osteuropäischen Gebieten, vor allem aus Siebenbürgen, in
Schwanenstadt ein. Bald darauf wurden in den Umlandgemeinden, denen die
Flüchtlinge zugewiesen wurden, Predigtstellen errichtet, da der Andrang
zu den Gottesdiensten im Betsaal nicht zu bewältigen war.
Um den altersbedingt müde gewordenen Missionar zu entlasten, kam
1948 Pfarrer Berthold Folberth, bis zur Flucht Pfarrer der siebenbürgischen
Gemeinde Felldorf, danach Flüchtlingspfarrer in Braunau, nach Schwanenstadt
wo er viele Jahre wirken und sein Einsatz mit der Ernennung zum Ehrenbürger
der Stadt gewürdigt wurde.
Um die Abwerbung
vieler Flüchtlinge nach Übersee und ins deutsche Kohlenrevier
zu unterbinden, begann 1953 die evangelische Neusiedlergesellschaft mit
dem Bau vieler Einfamilienhäuser in der Agerau. Familien, die in
den Kriegswirren Werte und Heimat verloren hatten, blieben da, wurden
Schwanenstädter.
Der sich konsolidierenden Gemeinde genügte das Bethaus längst
nicht mehr. Und wieder tat sich eine Türe auf. 1954 konnte die ungenützte
ehemalige Spitalskirche in der Linzer Straße von der katholischen
Pfarre angemietet werden. Das aber führte bedauerlicher Weise zu
einem Bruch zwischen Alteingesessenen und Flüchtlingen. Die einen
wollten das Iiebgewonnene Bethaus nicht aufgeben, die anderen konnten
dort, des kleinen Raumes wegen, oftmals nicht an den Gottesdiensten teilnehmen.
Sie setzten sich durch, was wiederum die verbitterten Alteingesessenen
veranlaßte, die Kirchen in den Nachbargemeinden zu besuchen. Erst
nach gründlicher Renovierung der Spitalskirche fanden wieder alle
zusammen. Doch auch dieser liebevoll hergerichtete Raum war bald zu klein
und so begann man von einer eigenen Kirche zu träumen.
Mittlerweile hatte der Oberkirchenrat in Wien am 30. April 1955 die Errichtung
der "Evangelischen Pfarrgemeinde A. B. Schwanenstadt" genehmigt;
Berthold Folberth wurde als Pfarrer gewählt und am 10. Juni 1956
in sein Amt eingesetzt. 1957 wurde das jetzige Pfarrhaus in der Schwanbachgasse
erworben und aufgestockt.
Am 12. Februar
1961 wird auf dem Spitzbartgrund in der Schwanbachgasse die Spatenstichfeier
und am 11. November 1962 schon die Kirchweihe festlich begangen. Endlich
hatte die Gemeinde ein eigenes Gotteshaus, das seitdem liebevoll gepflegt
und erhalten wird. Vier Glocken im Kirchturm, seit 1986 neue Einrichtungsgegenstände
samt Elektrobankheizung im Kirchenraum; 1990 Einbau der neuen Orgel von
der Firma Rudolf von Beckerath aus Hamburg, neue Buntglasfenster aus der
Schlierbacher Stiftswerkstatt - Gottes Segen ist sichtbar, greifbar geworden.
Pfarrer Folberth trat 1975 in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Bernd
Ackermann, der am 1. Juli 1979 in seine Heimatkirche, der Evangelischen Kirche im Rheinland,
zurückkehrte. Am 2. Dezember 1980 übernahm Pfarrer Mag. Horst Radler
das Seelsorgeramt und trat Ende Januar 2005 in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde
im August 2005 Pfarrer Mag. Gerhard Roth.
Im September 2013 wurde Pfarrer Mag. Wilhelm Todter, bisher Pfarrer in Linz-Südwest, unserer
Pfarrgemeinde für 2 Jahre durch die Kirchenleitung zugeteilt. Bis zur endgültigen
Besetzung durch einen neuen Pfarrer oder eine Pfarrerin übernahm OKR i.R. Pfr. Dr. Hannelore Reiner
ab September 2015 die Pfarrstelle.
Ab September 2016 absolviert Mag. Matthias Bukovics als Pfarramtskandidat sein letztes Ausbildungsjahr in unserer Gemeinde.
Am 2. Juli 2017 wurde Mag. Matthias Bukovics von den Mitgliedern unserer Pfarrgemeinde zum neuen evangelischen Pfarrer in Schwanenstadt gewählt und in einem Festgottesdienst am 22. Oktober 2017 durch SI Dr. Gerold Lehner offiziell in sein neues Amt eingeführt.